1. |
Der Diskos von Phaistos wurde linksläufig, d. h. von außen nach innen, beschrieben.
Darauf verweisen u. a. Veränderungen an einzelnen Zeichen, die durch
das Einstempeln des jeweils folgenden Zeichens entstanden.
Die Leserichtung stimmt mit der Schreibrichtung offensichtlich überein. Diese Annahme
wird durch die Blickrichtung der Menschen- und Tierdarstellungen, sowie die
Ausrichtung einiger Zeichen gestützt
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2. |
Im Gegensatz zu der seit Evans vorherrschenden These, Seite A sei als
Vorderseite des Diskos von Phaistos zu betrachten, sprechen technologische Argumente für
Seite B als Vorderseite. Grundlage für diese These sind
Überlegungen, die Messerschmidt 1906 für die mit Keilschriftzeichen versehenen
babylonischen Tontafeln formulierte.
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3. |
Die
erste flüchtige Betrachtung des Diskos von Phaistos erweckt den Eindruck, beide Seiten seien
mit unterschiedlichen Zeichen bestempelt worden, motiviert gleichzeitig jedoch
auch den Versuch, nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden beider Seiten zu
suchen. Die betreffende Analyse offenbarte trotz der Knappheit des verfügbaren
Textes überraschend viele Auffälligkeiten in der Struktur der Zeichenketten.
In ihrer Summe erlauben diese, von einer dreiteiligen Struktur auszugehen.
Diese Beobachtung sei als Indiz dafür benannt, dass es sich bei den
Zeichenketten um Sinneinheiten handeln dürfte. |
4. |
Die
Konfrontation der statistischen Auffälligkeiten des Diskostextes mit bekannten
Schriftsystemen lässt den Schluss zu, dass der Diskos von Phaistos weder in einer
Buchstaben- noch in einer logographischen Schrift verfasst wurde. Zahlreiche
Argumente deuten vielmehr auf eine Silben- oder Hieroglyphenschrift hin. |
5. |
Vor dem Hintergrund bisheriger Veröffentlichungen wurde eine umfassende Diskussion
der Hypothesen zur Zeichendeutung vorgenommen. Die dabei zu Tage tretenden
zahlreichen Bezüge zur kretischen Kultur der Bronzezeit lassen es als wahrscheinlich
erscheinen, dass der Diskos von Phaistos, immerhin auf Kreta gefunden, auch auf der
Insel hergestellt wurde. |
6. |
Wird die bei der statistischen
Analyse gefundene dreigliedrige Struktur der Zeichenketten einem Vergleich mit
den Linearschriften zugrunde gelegt, so verdichten sich die Hinweise, dass es
sich bei der Sprache des Diskos von Phaistos, wie von Duhoux bereits 1983 vermutet, um die
der Linearschrift A handelt. Auffällig ist insbesondere, dass die drei
häufig an vorletzter oder letzter Position stehenden Zeichen D 18,
D 23 und D 35 des Diskos von Phaistos drei der ebenfalls
häufigsten Endungszeichen der Linearschrift A ähneln. |
7. |
Die formale Ähnlichkeit
zahlreicher weiterer Diskoszeichen mit denen der Linearschriften, aber auch die
Parallelen zur Axt von Arkalochori, legen die Vermutung nahe, dass es sich bei
der Schrift auf dem Diskos von Phaistos um eine an Linear A angelehnte
oder mit dieser verwandte bildhafte Stempelschrift handelt. |
8. |
Die Wiederholung von
Zeichenketten und die Wiederkehr von Merkmalen in der Abfolge der Ketten lassen
die Gliederung des Diskostextes sichtbar werden. Die ihr zugrunde
gelegte Idee geht auf einen Aufsatz von Ipsen aus dem Jahre 1929 zurück. |
9. |
Für den Gesamttext kann
ein Satzgefüge mit jeweils drei bis fünf Wörtern vermutet werden. Die aus drei
Wörtern gebildeten Sätze könnten aus Subjekt, Prädikat und Objekt bestehen. Das
als Prädikat verwendete Verb dürfte dabei mit dem Subjekt kongruieren. Damit
wäre die Sprache des Diskostextes entweder vom agglutinierenden oder flexierenden Typ; eine
isolierende Sprache wäre auszuschließen. |
10. |
Eine plausible Deutung
für den Dorn wäre, dass er für einen silbenschließenden
Konsonanten stand. |